So nachhaltig ist Bauen mit Holz
So nachhaltig ist Bauen mit Holz

Holz als Baustoff wird immer beliebter, aber ist es das Allheilmittel für nachhaltiges Bauen oder sollten wir den Wunderbaustoff mit Bedacht einsetzen? Ein traditionelles Material trifft die Baukultur der Zukunft.
In einem Gespräch mit Heinz Beer gehen wir diesen Fragen auf den Grund. Heinz Beer ist nicht nur Unternehmensinhaber von Beer Holzbau, sondern ist auch im Vorstand von Holzbau Schweiz.
Warum gilt Bauen mit Holz als nachhaltig?
Das lässt sich ganz einfach anhand von drei Klimaschutzleistungen erklären, welche in der Fachliteratur auch als die «drei S-Wirkungen» bezeichnet werden: Sequestrierung im Wald, Speicherung in Holzprodukten und Substitution.
Sequestrierung – Holz hat eine sehr gute CO2-Bilanz, da es bereits im Wachstum CO2 bindet. Durch die Fotosynthese nimmt das Blattgrün CO2 auf, welches anschliessend im Holz gespeichert wird.
Speicherung – Wenn man dieses Holz dann verbaut, wird das CO2 für lange Zeit in Holzprodukten wie Möbeln, Brettern und Balken gebunden.
Substitution – Holz als Bauprodukt benötigt weniger graue Energie als andere Baustoffe. Unter der grauen Energie eines Produktes versteht sich die gesamte benötigte Energie für dessen Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung.
Holz ist zudem eine heimische Ressource, was ebenfalls zur Nachhaltigkeit beiträgt. Dadurch sind die Transportwege kürzer und volkswirtschaftlich gesehen ist es ein Material, welches gleich hier vor Ort geerntet und verarbeitet werden kann und somit wertvolle Arbeitsplätze und Einkommen schafft.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass jedes Holz nachhaltig ist. Es gilt jedoch: Je heimischer, desto besser. Dadurch sind die Transportwege kurz und Schweizer Wertschöpfungskette Wald und Holz wird aktiviert.

Verhält es sich bei Tropenholz etwas anders mit der Nachhaltigkeit?
Es kommt immer sehr stark darauf an, welches Tropenholz man anspricht. Label wie FSC oder PEFC weisen hier auf nachhaltig bewirtschaftete Wälder hin und helfen somit bei dieser Beurteilung. Von nachhaltiger Bewirtschaftung spricht man, wenn ein Wald schonend genutzt und nicht abgeholzt wird. Es wird also nur so viel entnommen, dass sich der Wald wieder rasch regenerieren kann.
Wichtig ist also, dass man auf die Label achtet, welche eine Auskunft darüber geben können, von wo das Holz stammt. Es gibt Tropenhölzer, die möglicherweise aus Plantagen kommen, was für uns jedoch kaum zu kontrollieren ist.
Ich empfehle, wenn möglich kein Tropenholz zu verwenden. Aus dem einfachen Grund, dass wir in der Schweiz eigene Wälder haben, deren Ressourcen wir verwenden und noch wichtiger auch zurückverfolgen können.
Dank dem herrschenden Waldgesetz, welches die Abholzung und Rodung unserer Wälder strengsten untersagt, müssen wir uns in der Schweiz glücklicherweise keine Sorgen über die Nachhaltigkeit der Waldnutzung machen.
«Je heimischer, desto besser.»
Heinz Beer
Bei CLT (Brettsperrholz) handelt es sich um ein verarbeitetes Holz, zu welchem man Leim hinzufügt. Darf man bei solchem Holz noch von einem nachhaltigen Baustoff sprechen?
Die CO2-Bilanz von CLT ist immer noch deutlich besser als die von z. B. Beton. Als kleine Faustregel kann man sich merken: Pro m3 verbautem Holz wird etwa eine Tonne CO2 eingespart. Hinter Beton, Zement oder Stahl steckt also deutlich mehr graue Energie. Gerade aus diesem Grund ist bei CLT sicherlich immer noch von Nachhaltigkeit zu sprechen.
Heutzutage arbeiten wird ausserdem fast ausschliesslich mit verleimten Produkten, ausser bei klassischen Sägereiprodukten wie z. B. Lattenware. Alleine durch die Geschwindigkeit des Bauens, dem damit verbundenen Zeitfaktor sowie den Anforderungen an Präzision und Masshaltigkeit, sind diese gar nicht mehr wegzudenken.
Wenn man Leimprodukte herstellt, schneidet man Lamellen in standardisierten Dimensionen, welche als Rohhobler bezeichnet werden. Aus diesen Rohhoblern kann man industrielle Halbfabrikate in jeglichen Dimensionen wie z. B. Dreischichtplatten, Brettschichtholz oder auch CLT- Brettsperrholz herstellen. Der Rohhobler ist auch im Trocknungsprozess effizienter, aus einem kleinen Querschnitt entweicht die Feuchtigkeit schneller. Somit geht der ganze Prozess deutlich schneller und kostengünstiger als bei grossen Querschnitten.
In Zukunft wird uns die Ressourcenfrage zunehmend beschäftigen. CLT ist ein Brettsperrholz und somit ein massiver Holzklotz. Dieser ist sehr leistungsfähig und kommt vor allem in hoch beanspruchten Bauteilen, wie z. B. Hochhäusern zum Einsatz. Eine dicke, respektive eine Brettsperrholzwand ist in dieser Hinsicht also oft etwas eine Materialverschwendung.
In einer Geschossdecke gilt dasselbe. Da wäre ein Hohlkasten mit Rippen und je einer Dreischichtplatte unten wie oben, wesentlich materialoptimierter.
Wald und Holz als wirksamer Kohlenstoffspeicher

Zurzeit spricht man in der Schweiz von rund 15%, in welchen man im Hochbau auf den Rohstoff Holz setzt. Hätten wir jedoch auch noch genügend Holz, wenn dieser Prozentsatz auf 95% ansteigen würde?
Zurzeit befinden wir uns zwischen 15–20% und ein solcher Anstieg wäre alleine aus der Sicht der Betriebe in der Schweiz nicht realistisch. Diese könnten eine solch anwachsende Nachfrage gar nicht stemmen. Somit erledigt sich auch gleich die Frage nach genügend Rohstoff.
Es ist aber tatsächlich so, dass diese Ressourcenfrage Holz früher oder später kommen wird. Es wird auch sicherlich nicht mehr lange dauern, bis diese Diskussion geführt werden muss. Die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft wird in Zukunft immer mehr an Stellenwert gewinnen.
In Schweizer Wäldern werden zurzeit rund 4–5 Millionen m3 Nutzholz entnommen. Diese Zahl liesse sich auf 8–9 Millionen m3 erhöhen. Ein solcher Anstieg ohne negative Folgen wäre durchaus denkbar.
Grundsätzlich ist es essenziell, dass unsere Wälder richtig genutzt werden. Ein schlechtes Beispiel hierfür sind z. B. Firmen, die damit werben, CO2-neutral zu sein, indem sie diese Neutralität mit einem gekauften Wald begründen, welchen die Firmen als Reservoir nutzen. Der Wald bleibt meist für Jahrzehnte ungenutzt, wodurch die Firmen ihren Ausstoss zu kompensieren scheinen.
Das ist leider ein völlig falscher Ansatz. Solche Waldreservoire sind aufgrund ungenügender Bewirtschaftung meist völlig überaltert. Gerät diese Waldfläche in ein Unwetter, kann er in sich zusammenbrechen und das ganze gespeicherte CO2 wird wieder freigesetzt.
Aus diesem Grund diskutieren wir in der Schweiz stark darüber, dass die Wälder richtig genutzt und nicht zu Reservaten umfunktioniert werden. Nur so kann man das Holz auch verbauen und somit das CO2 in Gebäuden statt im Wald speichern, mit dem Vorteil, dass es in Gebäuden sicherlich bis zu 100 oder 200 Jahre gespeichert werden kann. Wird nun die Mehrfachnutzung von Holz gefördert, kann diese Zahl auch bis auf 300 oder 400 Jahre steigen.
Das alles sind zwingende Gründe, richtig mit unseren Wäldern zu arbeiten und diese auch zu gegebener Zeit zu verjüngen. Durch die Nutzung wächst dieser auch schneller als ein veralteter Wald und durch den stärkeren Zuwachs wird noch mehr CO2 gebunden als zuvor.
Würde man den Wald also besser nutzen, hätte man nicht nur die Möglichkeit, eine entsprechende Wertschöpfung daraus zu generieren, sondern könnte ihn gleichzeitig auch entsprechend «umbauen», damit sich dieser den zukünftigen klimatischen Bedingungen anpassen kann und der Zuwachs steigt.
Hier gilt es also noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten, damit man die Holznutzung nicht verteufelt und sie zu Unrecht in ein falsches Licht rückt, obwohl diese in Wirklichkeit zu einer nachhaltigen Zukunft beiträgt.

Du hast die Kreislaufwirtschaft angesprochen. Ist es denn möglich, ein Holzhaus wiederzuverwenden, respektive dessen Materialien zurückzugewinnen und gelingt das besser als bei einem Massivbau?
Heute gibt es viele Verbundsysteme. Problematisch sind fossile Aussendämmungen mit Verputz, welche vollflächig auf Backstein aufgeklebt werden. Dies ist im Nachhinein nur sehr schwer wieder zu trennen.
Auch im Holzbau wird viel verleimt. Gleichwohl wird aber auch sehr viel mechanisch zusammengesetzt. Im Moment gibt es sehr viele Diskussionen darüber, weniger zu leimen, damit man die verschiedenen Bauteile wieder voneinander trennen kann.
Hier muss man jedoch realistisch bleiben. Der Holzbau ist gerade dank verleimten Produkten wie Brettschichtholz oder CLT-Brettsperrholzplatten so leistungsfähig und wettbewerbsfähig geworden. Eine Änderung im Hinblick auf verleimte Baustoffe, hin zu rein mechanisch verbundenen Fabrikaten oder zum reinen, unverleimten Massivholz, ist zurzeit also nicht realistisch. Das heisst aber noch lange nicht, dass man verleimte Baustoffe nicht hacken, in eine andere Form bringen und wieder zusammenleimen könnte.
Wichtig ist, dass der richtige Leim eingesetzt wird. Dieser sollte formaldehydfrei oder zumindest formaldehydarm sein. Das hat eine grosse Auswirkung auf eine angenehme Raumluft.
Bei der Rohstofffrage scheint der Leidensdruck zurzeit noch nicht gross genug zu sein. Etwas zu trennen, um es wiederverwenden zu können, kostet noch deutlich mehr als neue Ressourcen zu verwenden. Das macht es natürlich nicht einfacher, den Prozess weiterzuentwickeln. Sollte der Holzpreis steigen und der Überschuss an Ressourcen schwinden, wird eine Wiederverwendung und Mehrfachnutzung bedeutend interessanter.
Eine Mehrfachnutzung von Holz ist ein anstrebenswertes Ziel. Hier muss die Entwicklung weitergehen. Holz kann auch nach mehrmaliger Nutzung immer noch als Energieträger eingesetzt werden.
Wenn man von Nachhaltigkeit spricht, spricht man auch automatisch von der Lebensdauer eines Objekts. Ist ein Holzhaus so langlebig wie ein Beton- oder Backsteinhaus?
Es gibt genügend Holzhäuser, die 200 bis 300 Jahre alt werden. Das Wichtigste ist, dass das Holz richtig verbaut ist. Es ist nämlich tatsächlich so, dass Holz unter Feuchtigkeitseinfluss leiden und kaputt gehen kann. Das A und O ist der konstruktive Holzschutz und der bauphysikalische Aufbau und somit der entsprechende Schutz, damit sich im Inneren auch keine Feuchtigkeit o. Ä. bilden kann. Zuviel Feuchtigkeit im Holz ist die Grundlage für Schädlinge oder Pilzbefall.
Bei einer richtigen Umsetzung kann ein Holzbau jedoch problemlos 100 bis 200 Jahre alt werden. Hier muss man aber realistisch bleiben und beachten, dass viele Häuser ersetzt werden, ohne dass ein zwingender Grund, wie z. B. ein Schaden vorliegt.
Somit stellt sich natürlich die Frage, ob wir in dieser schnelllebenden Zeit überhaupt noch Häuser bauen sollen, die für eine Lebensdauer von 200 bis 300 Jahre ausgelegt sind.
Letzten Endes ist es auch einfach eine Frage der Lebenszyklus Kosten. Hier geht es darum, die Gesamtenergiebilanz zu berücksichtigen. Das beinhaltet die Herstellung des Materials, die Verarbeitung, die Betriebskosten sowie den Rückbau. Ein Gebäude wird so auf eine gewisse Lebensdauer kalkuliert, womit wir wieder auf das Stichwort der Kreislaufwirtschaft zurückkommen.
Noch wichtiger im Zusammenhang auf die Lebensdauer ist in meinem Erachten jedoch die Nutzungsflexibilität. Kann ein Objekt mit möglichst wenig Aufwand den neuen Bedürfnissen, den Veränderungen der Gesellschaft sowie der gewünschten Nutzung angepasst werden? In dieser Hinsicht sind die Rückbaubarkeit und die Mehrfachnutzung die zwei entscheidenden Faktoren, ob ein Gebäude tatsächlich nachhaltig ist.
Ist die Flexibilität letzten Endes auch ein Mehrwert des Holzbaus, respektive ist denn die genannte Nutzungsflexibilität bei einem Holzbau einfacher als mit anderen Rohstoffen?
Aufbauten, Aufstockungen oder Anbauten sind zurzeit ein sehr grosser Markt des Holzbaus, welcher vor allem einen Zusammenhang mit dem geringen Gewicht hat. Das ist eine Voraussetzung, dass auf bestehende Häuser mehrere Stockwerke aufgestockt werden können und das ursprüngliche Fundament ohne Fundamentverstärkung trotzdem noch ausreicht. Somit sind wir wieder bei der Ressourcenfrage. Denn die Leistungsfähigkeit von Holz im Hinblick aufs Gewicht ist mit Stahl oder Beton unerreichbar.